1817 haben die Großkarlbacher Protestanten ihren Sinn für Himmel und Erde gezeigt.
2017 und 2018 haben die Protestanten in Großkarlbach und in der Pfalz wieder Gelegenheit, sich weltoffen und tolerant, weitherzig und realitätsnah, wie es zum Wesen der Pfälzer gehört, den Fragen und Aufgaben der Gegenwart zu stellen. 1818, beim Unionsbeschluss für den gesamten Bereich der Pfälzischen Landeskirche, hat sich die Entscheidung der Großkarlbacher von 1817 bestätigt. In der Vereinigungsurkunde der Pfälzischen Landeskirche ist festgehalten, dass die „protestantisch-evangelisch-christliche Kirche“ die Glaubensbekenntnisse und bekenntnismäßigen Bücher in gebührender Achtung hält, jedoch keinen anderen Glaubensgrund erkennt als allein die Heilige Schrift.“
200 Jahren gibt es die unierte Kirche in Großkarlbach. Zeichen für die Vereinigung der beiden vorher getrennten Konfessionen ist der Kelch.
In einem Bericht, verfasst von Pfarrer Johann David Bletsch (1803 – 1825), dem letzten reformierten Pfarrer in Großkarlbach und ersten unierten Pfarrer, steht vom Vereinigungsfest in Großkarlbach aufgeschrieben:
„Die beiden Kirchen waren mit Blumen geschmückt, alle trugen Festtags-kleider, freuten sich und mit innigster Herzlichkeit und regstem Eifer wurde der Festtag der Vereinigung herbei gesehnt“. Im Festzug zur Kirche zogen Pfarrer, Presbyter, Schullehrer und Schulkinder und die ganze Gemeinde. Die Presbyteriumsmitglieder trugen „Abendmahlsgefäße und Gerätschaften“. Man feierte am Vormittag Gottesdienst in der reformierten Kirche und teilte das Abendmahl, am Abend desselben Tages in der lutherischen Kirche. Pfarrer Bletsch hält in seinem Bericht fest, dass nicht nur die ganze protestantische Gemeinde gefeiert hat, sondern auch katholische und israelitische Einwohner am Fest teilnahmen.
Zur Erinnerung an das besondere Ereignis wurde eine Kirchenglocke beschafft. Ihre Finanzierung sollte auch durch den Verkauf von Wein – Unionswein – sichergestellt werden.
1556 war die Reformation nach lutherischem Vorbild in der Kurpfalz eingeführt worden, Großkarlbach war Teil der Kurpfalz. Im 17. Jahrhundert gehörte die Mehrheit der Einwohner dem reformierten Glauben an.
Der erste lutherische Pfarrer in Großkarlbach hieß Johann Adam Koch (1707 – 1720). Als junger Mann nahm er seinen Dienst im Dorf auf. Auf seine Initiative wurde mit dem Bau der lutherischen Kirche begonnen. Heute feiern im damals entstandenen Gotteshaus unsere katholischen Glaubens-geschwister ihre Gottesdienste.
Die lutherische Gemeinde war klein und arm, und so mussten alle mithelfen, den Plan zum Kirchbau umzusetzen. Am 28.August 1712 wurde die Einweihung der Kirche gefeiert. Ihr Grundstein trägt die Inschrift: „Das Fundament ist gelegt. Der Anzubetende hat es gemacht. Der Stein hier wolle sich in eine ansehnliche Lutherische Kirche erheben und nicht gestürzt werden bis zum Weltuntergang.“
Doch fertig war das Gotteshaus noch lange nicht. Viele Jahre wurde weiter gebaut und für Jahrzehnte hatte sich die Gemeinde verschuldet.
1740 hatte der Großkarlbacher lutherische Pfarrer 278 Männer, Frauen und Kinder in „GroßCarlenbach“ zu betreuen, 112 in Dackenheim und 60 in Obersülzen.
Das Verhältnis zwischen Lutheranern und Reformierten scheint zu dieser Zeit in Großkarlbach entspannt gewesen zu sein. Pfarrer Johann Georg Mißelbach, 1740 lutherischer Pfarrer, hat den reformierten Großkarlbachern mit ihrem Pfarrer die lutherische Kirche zur Feier des Gottesdienstes zur Verfügung gestellt. Denn das Kloster Maria Münster in Worms, das zum Unterhalt der reformierten Kirche verpflichtet war, kam dem nicht in ausreichendem Maß nach. Die Reformierten sahen sich daher gezwungen, den Gottesdienst zwar in den Mauern der Kirche zu feiern, den Kapriolen des Wetters ausgesetzt. Doch lutherische Pfarrer und Kirchenvorsteher waren „aus nachbahrlicher Liebe und Freundschaft“ bereit, den Reformierten in ihrer Kirche Heimat zu geben.